Psychologiestudentin im Interview: “Nutzt das Studium nicht zur Selbsttherapie”

An dir ist ein kleiner Freud verloren gegangen und du überlegst, ein Psychologie-Studium einzuschlagen? Wir haben mit einer Masterstudentin gesprochen, die uns alle Fragen rund ums Thema Aufnahmetest, Prüfungen und Berufszweigen beantwortet hat.

Das Psychologie-Studium reizt dich zwar, aber du hast noch viele offene Fragen rund um Aufwand, Prüfungsmodus und Co.? Verstehen wir, deshalb haben wir mit Martha Untersulzner gesprochen und uns von ihr alle Antworten auf deine brennenden Fragen geholt. Die Psychologiestudentin wird im Herbst 2022 mit ihrem Master fertig und ist daher die beste Ansprechperson, um einen Einblick in den Alltag einer Psychologiestudentin zu bekommen.  

Thema Eintrittstest: Wie läuft er ab und wie viel Vorbereitungszeit hast du eingeplant?

Ich persönlich hatte beim Aufnahmetest sogar ein ziemlich schlechtes Gefühl, bin dann im Endeffekt aber trotzdem gut durchgekommen. Finde deshalb, dass der Test eigentlich recht schaffbar und human aufgebaut ist. 

„Statistik sollte man mögen.“

Für die, die auf Nummer sicher gehen wollen, gibt’s auch Vorbereitungskurse für den Test. Da der Test in allen Bereichen aber relativ am Basic-Level angesiedelt war, fand ich den Kurs tatsächlich vor allem dafür hilfreich, um mal mit dem Prüfungsmodus auf der Uni vertrauter zu werden. Gerade wenn man frisch von der Oberstufe etc. kommt, kann das ganze nämlich ganz schön fremd und ungewohnt sein. 

Der Test selbst besteht aus Englisch, Mathe und Allgemeinfragen. Aber wie gesagt, für keine der Bereiche braucht man ein besonders tiefes Verständnis. 

Master-Studentin im Psychologie-Studium, Martha Untersulzner.
Master-Studentin im Psychologie-Studium, Martha Untersulzner.

Was lernt man im Psychologiestudium?

Grundsätzlich beschäftigt sich das Studium mit den wichtigsten Grundkonzepten der Richtungen Allgemeine Psychologie, Wahrnehmung, biologische Psychologie etc. 

Ein großer Teil ist natürlich auch zu lernen, wie man richtig wissenschaftlich arbeitet. Psychologie-Studis werden darauf vorbereitet, Studien zu konzipieren und erfolgreich durchzuführen. Statistik sollte man also mögen. 

„Als kleinen ‚Hack‘ kann ich empfehlen, sich die Unterlagen von manchen VOs zu organisieren und die Prüfung vorzuziehen.“

Wie hoch ist der Lernaufwand? Geht sich ein Nebenjob aus?

An sich würde ich sagen, dass die Prüfungen selbst eigentlich schon sehr schaffbar sind. Wie viel man lernen muss, ist natürlich von Person zu Person verschieden, aber ich würde ca. eine Woche pro Prüfung einplanen. 

Was das ganze etwas knifflig macht, ist, dass fast alle Prüfungstermine im Studium immer auf das Ende des Semesters fallen. Da kann es schon mal vorkommen, dass man in einer Woche sieben Prüfungen machen muss. Dann wird’s natürlich stressig. Als kleinen „Hack“ kann ich nur empfehlen, sich von manchen VOs die Unterlagen zu organisieren und die Prüfung vorzuziehen. Sollte man allerdings auch nicht bei jedem*r Professor*in machen, da die Vorlesungen teilweise echt interessant sind und man sich ohne eigene Mitschrift vielleicht schwer tut. 

Generell würd ich sagen, dass sich ein Nebenjob schon ausgeht. Durch die „Prüfungsstoßzeiten“ kann es allerdings schwierig werden, wenn der Nebenjob nicht flexibel ist. Mit guter Planung, sollten sich aber 1-2 Tage die Woche arbeiten ausgehen. 

Wie lang braucht man deiner Erfahrung nach durchschnittlich für den Bachelor?

Ich finde, dass man den Bachelor relativ gut in Mindeststudienzeit abschließen kann. Hier kann ich aber als Tipp weitergeben, sich das Curriculum gut durchzulesen und genau auf die Voraussetzungen für alle Lehrveranstaltungen zu achten. Sonst kann es nämlich passieren, dass man bei manchen LVs blockiert wird und eventuell länger braucht. 

Was findest du am besten am Psychologiestudium?

Am besten finde ich, dass die meisten Dinge, die ich im Laufe des Studiums gelernt habe, wirklich interessant waren. Viele Vorstellungen und Ansichten die man hat, werden durch neu erlernte Anschauungen widerlegt. Ich habe gelernt, einiges zu hinterfragen, auch die eigene Meinung, und dass vieles im Leben subjektiv ist. Die eigene Wahrnehmung wird durch das Studium echt geschärft. 

Die Prüfungsstoßzeiten am Semesterende sind echt nicht ideal. Niemand kann sieben große Prüfungen in einer Woche machen.

Was würdest du ändern?

Wie gesagt, finde ich, dass die Prüfungsstoßzeiten am Semesterende echt nicht ideal sind. Niemand kann und sollte sieben große Prüfungen in einer Woche machen. Das ist einfach schwer schaffbar. 

Zum anderen beendet man das Studium und ist eigentlich nur dafür qualifiziert, an der Uni zu arbeiten. Für alle anderen Lebenswege muss man Weiterbildungen machen, zum Beispiel wenn man Therapeut*in werden will. Die dauern teilweise lange und sind außerdem sehr teuer. 

Was findest du, sollten mehr Leute über Psychologie wissen?

Ich habe das Gefühl, dass für viele der Unterschied zwischen den verschiedenen Berufszweigen nicht ganz klar ist. 

Psycholog*in ist man, nachdem man das Studium beendet hat. Der oder die Psycholog*in behandelt aber niemanden, sondern analysiert nur. Klinische Psycholog*innen beschäftigen sich auch mit psychischen Krankheiten, zum Beispiel mit Depressionen. Psychiater*innen haben hingegen Medizin studiert und dann eine Weiterbildung gemacht. Sie dürfen außerdem Medikamente verschreiben. Psychotherapeut*innen kommen meistens wieder vom Psychologiestudium und absolvieren eine Weiterbildung, mit der sie dann mit verschiedenen psychotherapeutischen Verfahren behandeln dürfen. 

Nutzt das Studium nicht zur Selbsttherapie. Wenn ihr psychische Probleme habt, sucht euch bitte professionelle Hilfe und missbraucht nicht das Studium dafür. Damit tut ihr euch keinen Gefallen.

In welchen Berufszweigen sind Psycholog*innen besonders gefragt?

Die Psyche ist ein menschliches Phänomen, also grundsätzlich überall da, wo es Menschen gibt. Theoretisch sind die Möglichkeiten also endlos. Es gibt ganz spannende Zweige wie Wirtschafts- und Verkehrspsychologie. Allerdings sind Psycholog*innen teilweise auch im Personalmanagement gefragt. 

Nachricht an die, die überlegen Psychologie zu studieren

Schaut euch das Curriculum gut an! Das spart euch viel Zeit und Frustration.

Und nutzt das Studium nicht zur Selbsttherapie. Wenn ihr psychische Probleme habt, sucht euch bitte professionelle Hilfe und missbraucht nicht das Studium dafür. Damit tut ihr euch keinen Gefallen. 

Psychologie ist wohl doch eher nicht das richtige für dich? Auch über BWL und Jus haben wir schon Studis ausgefragt. Und unsere Freund*innen von Talto erklären dir, welche acht Eigenschaften du unbedingt für ein Psychologie-Studium mitbringen solltest und was die Gehaltsaussichten danach sind.

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