Du bist dir nicht sicher, ob das BWL-Studium das Richtige für dich ist? Du willst alles über Prüfungen, Aufwand und die unterschiedlichen Fachrichtungen wissen und rausfinden, ob du aus dem richtigen Holz für die Betriebswirtschaftslehre geschnitzt bist? Wir sprechen mit der Vorsitzenden der BWL-Studienvertretung der Uni Graz, Sabrina Schönfelder, über ihren Studienalltag. Sie ist mittlerweile im 8. Semester ihres BWL-Studiums in Graz, also schon im Master. Parallel dazu studiert sie Wirtschaftspädagogik und arbeitet an der TU Graz als Projektmanagerin.
Sabrina, du hast an einer HLW maturiert. Siehst du das als Vorteil im BWL-Studium, weil du z.B. in der Oberstufe schon Rechnungswesen hattest?
Ich glaube, es hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Kurse wie Rechnungswesen oder Einführung in die BWL sind mit Vorkenntnissen natürlich einfacher. Dafür musste ich mich zum Beispiel in Mathe sehr reinhängen, weil man da am Gymnasium mehr lernt. Nach den ersten paar Kursen sollten aber sowieso alle am gleichen Stand sein.
Was lernt man im BWL-Studium?
Das erste Semester ist so, wie man es sich vorstellt: Man lernt die Basics in Rechnungswesen, Volkswirtschaftslehre, Betriebswirtschaft. Das wird dann in Logistik, Management, Produktion, Finance und Marketing vertieft. Außerdem hat man ein paar Rechtsprüfungen und dann entscheidet man sich für die Spezialisierung. Wer aber wirklich den eigenen Interessen nachgehen will, kann das dann im Master so richtig tun.
„Im Bachelor sind es sehr viele Computerprüfungen und Multiple Choice, ich würde sagen zu 60 oder 70 Prozent.“
Was ist der Unterschied zwischen VWL und BWL?
BWL beschäftigt sich mit der Perspektive innerhalb von Unternehmen. Wir schauen uns die Wirtschaft auf einer Art Mikro-Ebene an. In VWL geht es um den Markt und die gesamte Volkswirtschaft. Da fragt man sich z.B., wie sich die Inflation auswirkt und geht nicht auf einzelne Unternehmen ein.
Wie sind die Prüfungen bei BWL?
Im Bachelor sind es sehr viele Computerprüfungen und Multiple Choice, ich würde sagen zu 60 oder 70 Prozent. Es gibt auch ein paar schriftliche Prüfungen und Kurse, in denen nur Seminararbeiten zu schreiben sind. Im Master gibt es weniger Prüfungen, dafür mehr Seminararbeiten, auf Unternehmen bezogen. Die Fachprüfungen zu den einzelnen Spezialisierungen sind mündlich.
Wie viel hast du für die Prüfungen im Bachelor gelernt?
Das war von meinem Lernziel abhängig. Die Prüfungen waren teilweise schon anspruchsvoll, besonders am Anfang, weil man da keine 600 Seiten Lernstoff gewohnt ist. Ich bin ein kleiner Planungs-Freak und habe immer früh genug angefangen. Bei schweren Prüfungen war das ein Monat vorher, aber dann teilweise nur zwei Stunden pro Tag.
Wie lang braucht man für den Bachelor BWL?
Im Durchschnitt 7 bis 8 Semester, wobei die Tendenz bei 8 Semestern liegt.
Wird bei der STEOP „ausselektiert“?
In Mathe fallen bei der STEOP viele durch. Das ist aber bei allen Grundlagenprüfungen so, die haben 6 ECTS und die Durchfallquoten liegen zwischen 60 und 90 Prozent. Wer die besteht, hat das Schwierigste hinter sich.
„Mit den Prüfungsphasen kommt ein großer psychischer Druck, vielleicht könnte man das besser aufteilen.“
Studieren die Leute BWL, weil sie nicht wissen was sie sonst machen sollen?
Das ist das typischste Klischee, was unser Studium angeht. Ich finde nicht, dass es stimmt. Zwar haben wir in Graz im Schnitt pro Jahr um die 500 bis 600 Studienanfänger*innen, von denen aber ein Drittel ausscheidet. Wer weit kommt, will das Studium auch wirklich machen. Man kann sich im BWL-Studium auf so viele Bereiche spezialisieren und ist z.B. nicht wie beim Lehramt darauf angewiesen, mal als Lehrer zu arbeiten.
Was nervt dich am meisten am BWL-Studium?
Der enorme Arbeitsaufwand, der immer in der Mitte des Semesters aufkommt. Mit den Prüfungsphasen kommt ein großer psychischer Druck, vielleicht könnte man das besser aufteilen.
Wenn du einen Tag lang BWL-Studiengangleiterin wärst, was würdest du ändern?
Ich würde für einen Tag viele Unternehmen einladen und den Studierenden einen Eindruck vermitteln, wie es im Job wirklich abläuft. Das fehlt meiner Meinung nach.
„Wenn du glaubst, BWL ist deines, versuch es. Halte die ersten zwei, drei Semester durch. Wenn du aber schon am Anfang merkst, dass es nicht dein Studium ist, lass es sein.“
Was willst du später machen?
Entweder möchte ich ins Projektmanagement gehen und im Ausland Projekte leiten. Oder in Richtung Lehramt mit Rechnungswesen und BWL, weil ich ja auch Wirtschaftspädagogik mache.
Welche Jobs kann man nach dem BWL-Studium sonst noch anstreben?
Steuerberatung ist ein wesentlicher Bereich, in dem viele schon neben dem Studium arbeiten. Viele gehen auch in eine Bank, die Personalabteilung eines Unternehmens oder Personalagenturen, andere machen Controlling und Finance. Auch Inventur, Logistik, Produktion, also eher technisch angehaucht, aber trotzdem im kaufmännischen Bereich. Management ist eher schwierig, Projektmanagement ist am Anfang zum Beispiel leichter. Unternehmensführung ist natürlich auch nicht einfach, da muss man Glück haben.
Was willst du jungen Menschen sagen, die überlegen, sich fürs BWL-Studium anzumelden?
Wenn es dich interessiert, lass dich darauf ein und nicht von Klischees in eine andere Richtung lenken. Folge deinem Gefühl und wenn du glaubst, BWL ist deines, versuch es. Halte die ersten zwei, drei Semester durch. Wenn du aber schon am Anfang merkst, dass es nicht dein Studium ist, lass es sein.
Du bist noch auf der Suche nach dem richtigen Studium? Vielleicht ist dann Jus das Richtige für dich. Wir haben mit zwei Jus-Studierenden in Wien über ihre Erfahrungen gesprochen. Und Talto ist der Frage nachgegangen, ob das BWL-Studium zu allgemein gehalten ist und wie du aus deinem Abschluss das beste für die Karriere rausholen kannst.