Drei von vier Frauen in Österreich wurden in ihrem Alltag bereits sexuell belästigt. Ein Drittel der Frauen in Österreich wurde Opfer von sexueller Gewalt. Grauenhafte Zahlen laut einer Studie des ÖIF, wenn man sie schwarz auf weiß sieht. Und es wird nicht besser, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass es für jedes Opfer auch eine*n Täter*in geben muss. Um Täter*innen und um die Stellen, an die sie sich wenden können, geht es in diesem Artikel.
Aber gleich eines vorweg: Wir sind nicht hier, um mit dem Finger auf Leute zu zeigen. Wir sind nicht hier, um mit Anschuldigungen um uns werfen. Um Leute in die Ecke zu drängen. Stattdessen wollen wir helfen, wenn jemand vielleicht mit vergangenen Entscheidungen hadert. Wenn jemand das eigene Verhalten ändern möchte.
Vielleicht gehörst du selbst zu dieser Gruppe. Vielleicht hast du etwas getan, was du bereust. Vielleicht bist du mit einer Person befreundet, deren Verhalten dir schon einmal störend aufgefallen ist. In jedem Fall haben wir die wichtigsten Hilfestellungen, Auskunftsstellen und Kontakte für dich.
Mein*e Freund*in ist übergriffig. Was jetzt?
Vielleicht kennst du das: Du bist mit deiner liebsten Runde unterwegs und jemand von euch schreit einer Frau etwas nach. Oder jemand lässt sich bei den Flirt-Versuchen einfach nicht abwimmeln. Oder vielleicht wurde sogar schon mal jemand handgreiflich? Vielleicht – hoffentlich – hast du dich unwohl dabei gefühlt. Aber was sollst du in so einer Situation tun?
Wenn möglich – also wenn du dich sicher fühlst – kannst du das Verhalten an Ort und Stelle ankreiden. Weis deine*n Freund*in darauf hin, dass das nicht ok war. Stell dich auf die Seite der betroffenen Person. Du musst nicht laut werden, aber mach klar, dass das Belästigung war und dass du das nicht cool findest. Gerade unter Männern kann so eine Kritik einen riesigen Einfluss haben. Wer weiß, wie viele Menschen du so schützen kannst?
Wenn du dich nicht gleich traust – auch ok –, kannst du das Verhalten vielleicht an einem anderen Tag ansprechen. Oder sprich vielleicht mit einer dritten Person darüber und überlegt gemeinsam, wie ihr eure*n Freund*in gemeinsam darauf hinweisen könnt. Wichtig ist dabei immer, dass du der anderen Person nicht das Gefühl gibst, eine schlechte Person zu sein, sondern nur das Verhalten ankreidest.
Sag vielleicht etwas in dieser Richtung: “Ich hab gesehen, dass du … und fühl mich damit nicht wohl. Das war der Person sehr unangenehm und ich glaub nicht, dass du das wolltest.” So wird klar: Das Verhalten war ein Fehler, aber du unterstellst nicht gleich, dass eine schlechte Absicht dahinter gesteckt hat.
Ich war selbst übergriffig. Was kann ich tun?
Wenn du bei dir selbst übergriffiges oder vielleicht sogar gewaltvolles Verhalten festgestellt hast – oder darauf hingewiesen wurdest –, dann hast du den ersten Schritt schon getan. Allein, dass du weißt, dass dein Verhalten nicht richtig war, ist ein großer Sprung und du kannst stolz auf dich sein, ihn gemacht zu haben.
Ein guter nächster Schritt wäre zum Beispiel, mit einer Person zu sprechen, der du vertraust. Erzähl ihr, was passiert ist und versuch mit ihr zu ergründen, warum du es getan hast. War es Verhalten, das du gelernt und nie hinterfragt hast? Oder bist du vielleicht einem Drang oder Emotionen nachgegangen, die du nicht kontrollieren konntest?
Wenn du dich nicht traust, mit jemandem in deinem Umfeld zu sprechen, kannst du dich auch an eine Fachperson wenden. Weiter unten haben wir eine ganze Liste mit Hotlines und Kontaktstellen. Oder du suchst dir psychologische Betreuung. Viele ÖHs und Hochschulen bieten so etwas für Studierende an, oder suchst Kontakt bei Instahelp.
Beratungsstellen für Täter*innen
In beiden Fällen – du bist Täter*in oder kennst Täter*innen – kannst du dich für Hilfe an eine der folgenden Stellen wenden. Sie alle sind auf Täter*innen-Fragen und/oder auf Männer-Themen spezialisiert.
Wir geben dir diese Liste übrigens nicht, weil wir glauben, alle oder ein großer Teil aller Männer sind Täter. Leider ist es aber der Fall, dass über 80 Prozent der Gewaltstraftaten von Männern verübt werden. Kurz: Nicht die meisten Männer sind Täter, aber die meisten Täter*innen sind Männer.
Und natürlich können auch Männer sehr wohl zu Opfern von sexueller Belästigung und Gewalt werden. Wenn du über Gewalt sprechen willst, die du erlebt hast, bist du bei den unten genannten Stellen ebenfalls gut aufgehoben.
- Die Täter-Hotline
- Die Täter-Hotline EULINE
- White Ribbon, eine Kampagne zur Eindämmung körperlicher Gewalt
- Der Männernotruf
- Die Männerberatung, eine Infostelle für Männer
- Beziehungsleben, eine Plattform über den gesunden Umgang miteinander in Beziehungen
- Der Verein für Männer- und Geschlechterthemen Steiermark
Außerdem gibt es auch noch mehrere Stellen rund um Gewalt gegen Männer in den Bundesländern. Und natürlich kannst du dich – gerade wenn es um Themen an der Uni geht – auch immer an den Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen deiner Hochschule oder deine Studierendenvertretung wenden. Auch dort findest du kluge und gut geschulte Menschen, die dir durch deine Lage helfen wollen.
Schau dir unseren Überblick mit Beratungsstellen in den Uni-Städten für noch mehr Kontakte an, die dir weiterhelfen können.
Fazit: Darüber reden und etwas ändern
Was auch immer du machst, lass solche Themen niemals unausgesprochen. Egal, ob es nun um deine*n Freund*in geht oder um dich selbst. Denn nur, wenn wir darüber sprechen, können wir Umgebungen schaffen, in denen sich alle wohl und sicher fühlen können. Und das schließt auch dich mit ein.
Dieser Artikel ist Teil unserer Reihe rund um Gewalt gegen FLINTA-Personen im universitären Kontext und Teil der Kampagne #safestudying, die gemeinsam mit Studo und mehreren ÖHs initiiert wurde. Genauso wie unser Interview mit Aktivistin Anna Majcan über sexuelle Belästigung oder unser Interview mit Therapeut Michael M. Kurzmann über die Rolle von Männer beim Thema Gewalt.